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Viele tun es: Sie schauen gebannt auf die Kalorienanzeige des Crosstrainers, während sie strampeln. Erst mal ein gutes Gefühl, wenn die 500 kcal-Marke geknackt wird. Wenn dann später das gesunde Müsli mit Leinsamen und Früchten zubereitet wird, folgt die Ernüchterung beim Rechnen: 527 kcal. Geschweige denn, man hat einen «Unfall» mit einer Tüte Chips.

War jetzt alles umsonst?

Wenn der Focus nur darauf gerichtet ist, wie viele Kalorien man beim Sport verbrennt, dann ja. Schlimmer noch, es ist sogar kontraproduktiv.

Klar, für einige kann das funktionieren. Aber ich stelle immer wieder fest, dass es schädliche unterbewusste Überzeugungen festigen kann. Diese führen dazu, dass Sport nur mit Widerstand oder gar nicht mehr gemacht wird.

Warum?

Es wird dann unbewusst Sport gegen Essen in die Waage gelegt.

Es wird dann abgewogen: Wenn ich jetzt mehr esse, muss ich dann mehr Sport machen. Und wenn ich jetzt mehr Sport mache, darf ich dann mehr essen. Und je nachdem: Wenn ich ganz wenig esse, brauche ich ja gar keinen Sport zu machen. Und das wäre gesundheitlich verheerend.

Ausserdem ist es so, dass wir grundsätzlich darauf konditioniert sind, Essen als Belohnung zu sehen. Und auf der anderen Seite der Waagschale ist dann das, was wir tun müssen für die Belohnung: der Preis, oder gar die Strafe.

Und da sind wir beim Problem:

Der Fokus auf Kalorien verbrennen beim Sport führt dazu, dass wir unterbewusst Essen noch stärker als Belohnung sehen und Sport als Strafe.

Yep, so wird dein Unterbewusstsein über kurz oder lang einen Widerstand gegen den Sport aufbauen oder verstärken.  Ausser du hast Glück und es packt dich. Dann sind dir die Kalorien plötzlich auch wurst😉.

Aber nehmen wir doch das Glück besser selbst in die Hand, statt darauf zu warten, oder?

Denn es gibt good news: Sport kann viiiiiiiiel mehr als Kalorien verbrennen! 

Sind wir uns dabei einig, dass zum erfolgreichen Abnehmen eine Veränderung von Gewohnheiten unabdingbar ist? Dass wir neue Dinge lernen, und alte «verlernen» müssen? Und das nicht nur in Bezug auf das Abnehmen. Auch um sich beruflich und persönlich zu entwickeln und Ziele zu erreichen ist dies wichtig.

Aber wie funktioniert denn das mit den Gewohnheiten und dem Lernen und was hat es mit Sport zu tun?

Dazu müssen wir kurz in unser Gehirn eintauchen. Heute weiss man, dass sich unser Gehirn laufend verändert. Mit jedem Gedanken, den wir haben, mit allem, was wir tun. Und da sich unser Gehirn ständig ändert, können wir uns ständig verändern.

Wir sind keinesfalls dadurch, «wie wir ticken» so in unseren Lebenssituationen und in uns selbst gefangen, wie man das lange Zeit dachte. Wir können uns verändern. Können verändern, wie wir ticken.

Die Entdeckung der sogenannten Neuroplastizität gibt uns also ganz viel Freiheit und Macht über unser Leben. Macht bedeutet jedoch auch (Eigen)-Verantwortung.

Für unser Verhalten sind in unserem Gehirn hauptsächlich die Neuronen, die Nervenzellen, und deren Kommunikation verantwortlich. Heute weiss man, dass unser Gehirn laufend neue Neuronen bilden kann. Man nennt das Neurogenese. Und unsere Neuronen kommunizieren über Berührungspunkte, sogenannte Synapsen. Bei dieser Kommunikation werden Informationen aus unterschiedlichen Teilen des Gehirns verarbeitet, wir lernen und führen Handlungen aus.

Wenn wir Gelerntes anwenden und uns auf eine bestimmte Art und Weise verhalten, werden diese Kommunikationswege immer mehr verstärkt und wir verhalten uns immer automatischer so. Wenn wir dann ein neues Verhalten lernen, verändern sich diese Schaltkreise. Das nennt man Synaptogenese.

Verändern von Schaltkreisen im Gehirn, die zu einem bestimmten Verhalten führen, klingt doch ganz nützlich zum Abnehmen, oder?

Der «Dünger» für unsere Neuronen und Synaptischen Verbindungen (Kommunikationswege) ist ein Protein, das diese schützt und deren Wachstum entwickelt: BDNF (Brain-Derived Neurotrophic Factor).  

Ein BDNF-Mangel wird auf der einen Seite gemäss Studien in Verbindung gebracht mit verschiedenen Erkrankungen [1]. Auf der anderen Seite reguliert ein hoher BDNF-Spiegel den Energiestoffwechsel und kann helfen, synaptische Verbindungen, die verantwortlich für Esstörungen sind, neu zu modellieren [2]. BDNF scheint auch die Nahrungsaufnahme zu regulieren und den Energieumsatz zu erhöhen [3]/[4]. Heisst schlussendlich: Eine negative Kalorienbilanz zu unterstützen.

Ja, und wir können aktiv etwas dafür tun, unseren BDNF-Spiegel zu erhöhen. Rate mal was!

Richtig: Sport!

Sport und Bewegung hat einen grossen Einfluss auf unseren BDNF-Spiegel! [5] Aber genauso wenig, wie du von einmal ins Fitnesscenter gehen fitter wirst, verändert sich dein BDNF-Spiegel dadurch. Dazu braucht es Regelmässigkeit und Langfristigkeit. Dranbleiben ist gefragt.

Und was wiederum hilft beim Dranbleiben? Gewohnheiten. Und wie entstehen neue Gewohnheiten? Durch neue Netzwerke im Gehirn. Und wodurch werden diese unterstützt? Durch einen hohen BDNF-Spiegel. Und wodurch noch? Durch positive Emotionen und dadurch die Ausschüttung von Dopamin im Gehirn. Auch das unterstützt unseren Lernprozess und gibt uns Motivation.

Und wie ich nie genug wiederholen kann: Wenn man langfristig abnehmen und das Gewicht halten will, oder auch einfach nur fitter werden will, ist das kein zeitlich begrenztes Projekt. Es bedeutet eine langfristige Veränderung des Lebensstils. Und damit uns das gelingt, müssen wir unser Gehirn verändern, es quasi aktiv Formen. Und das wird gefördert durch eine aktive, gesunde Lebensweise.

Unser Lebensstil formt unser Gehirn und unser Lebensstil wird durch unser Gehirn gesteuert. Es beeinflusst sich also gegenseitig positiv. Das ist der Grund, weshalb Abnehmen und ein gesunder Lebensstil plötzlich so einfach, so selbstverständlich werden kann, wenn wir es richtig machen.

Kalorienverbrennen ist beim Sport nur ein positiver Nebeneffekt. Fakt ist jedoch, dass wir dafür gemacht sind uns zu bewegen! Es ist komplett gegen unsere Natur, es nicht zu tun.

Sport verändert unsere Stimmung positiv, hilft uns, unseren Appetit zu kontrollieren, regt die Produktion von verschiedensten positiven Hormonen und Chemikalien in unserem Körper an, die uns glücklicher, energiegeladener machen.

Sport ist Benzin für unser Gehirn, Benzin für unseren Körper! Er trägt massgeblich dazu bei, beides gesund zu erhalten.

Gib deinem Körper, was er braucht. Gib deinem Gehirn, was es braucht. An Bewegung, an Nahrung, an bewusster Ruhe, an positiven Herausforderungen und an sozialen Kontakten.

Dadurch kannst du dein Gehirn verändern, deinen Körper verändern, dich verändern. Und was dir an dir gefällt, das behalte einfach so bei und nutze diese Stärken. So kannst du dich wie ein ganz neuer Mensch fühlen und dein Leben so gestalten, wie du möchtest. Du kannst dir kein grösseres Geschenk machen.

Ich wünsche mir von ganzem Herzen, dass du diese Erkenntnis nicht nur zum Abnehmen nutzt. Sondern dass du sie wirklich verinnerlichst, nutzt und sie so dein Leben nachhaltig verändern wird!

Ok, nun lass es krachen! Wirf dich in deine Sportkleider und vergiss die Kalorien, hab Spass beim Training und fühle dich danach wie ein Rockstar!

Go for it!


[1] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3310485/

[2] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3293512//

[3] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3293512/

[4] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3568936/

[5] Philippe Douyon,MD. Neuroplasticity: Your Brain’s Superpower: Change Your Brain and Change Your Life